Ozymandias by Thomas F. Monteleone

Ozymandias by Thomas F. Monteleone

Autor:Thomas F. Monteleone
Die sprache: de
Format: mobi, epub
veröffentlicht: 2011-12-18T13:44:07+00:00


8

„Er weiß alles“, sagte Ozymandias, während er langsam durch ihr kleines und staubiges Zimmer im Gasthof schritt.

„Wie konntest du so etwas nur zulassen?“ fragte Kartaphilos, den die eben gehörte Geschichte offensichtlich aus der Ruhe gebracht hatte.

„Wenn ich dir sagen würde, ich tat es aus Liebe, würde dir das sicher nicht genügen, oder?“

„Genügen, nein. Aber es würde mich daran erinnern, daß auch ich ein Mensch bin.“ Der Kyborg schüttelte kichernd den Kopf. „Ach, mein Freund, es ist doch erstaunlich, wie eng wir die Maschen um uns selbst wickeln können, nicht wahr?“

„Ich entdecke gerade selbst, wie eng das sein kann, jawohl.“

„Und wie hat er darauf reagiert? Auf das, was er von dir erfahren hat, oder besser, was du ihm zugänglich gemacht hast?“

„Nun, er möchte dich gern kennenlernen…“

„Das überrascht mich nicht. Ich wollte eher etwas von seinen allgemeinen Eindrücken hören.“

„Angesichts seiner Gehirnerforschung konnte er ja schlecht verleugnen, was er erfahren hatte. Daher war er gezwungen, sich einem hisei zu unterziehen, wie die Leute von Gnarra das nennen. Es handelt sich dabei um ein widerspruchsloses, phänomenologisches Akzeptieren von Dingen und Zuständen, so wie sie sind. Emotionelle Neigungen oder gewohnte Reaktionen auf Wahrheiten oder Entdeckungen werden dabei so weit ausgeschlossen, daß etwas Neues unbehindert in die normale Weltsicht des Empfängers integriert werden kann.“

„Du willst damit sagen, er regte sich nicht auf, sein Puls schnellte nicht hoch, kein Kummer plagte ihn und auch sonst hat er keine typisch menschliche Reaktion gezeigt?“ Kartaphilos lächelte, als er hörte, wie gut sein Freund sich schon in der Philosophie Gnarras auskannte.

„Ja, ganz genau. Später habe ich ihm aber doch einmal auf den Zahn gefühlt, was er eigentlich zuvor von der Ersten Zeit gedacht und gehalten hat. Ziemlich überrascht mußte ich feststellen, daß die Zauberer von dieser Insel der Ersten Zeit gegenüber sehr aufgeschlossen sind.“

„Wie meinst du das?“

„Eigentlich sprechen viele Dinge dafür. Weißt du, sie glauben, daß die Welt – nicht nur dieser Kontinent oder Planet, sondern der ganze Kosmos – eine Einheit bildet.

Ihre Schriften sprechen von einem unaufhaltsamen Fortschritt, einer Art kosmischer Evolution, die in sieben Stufen erfolgt. Was wir als »Erste Zeit« kennen, ist gemäß der Kosmologie der Gnarraner die Dritte Stufe. Das bedeutet, daß es davor noch zwei Zeiten oder Ären oder Stufen gegeben hat; und demgemäß befinden wir uns im Moment auf der »Vierten Stufe«. Über die ist schon vor langer Zeit geweissagt worden, sie stelle im evolutionären Zyklus einen Tiefpunkt dar – eine Ära der Restauration und Wiedergeburt, eine Zeit der Ignoranz und Dunkelheit, in der nur wenige Auserwählte das Wissen und die sittlichen Werte tragen, die für den Fortschritt zur nächsten Stufe notwendig sind. Die »Vierte Stufe« steht als Dreh- und Angelpunkt da, als Nadelöhr und Schmelztiegel, durch die die zukünftige Geschichte und Entwicklung der Menschheit sich zwängen muß.“

„Das hört sich alles recht plausibel an“, sagte Kartaphilos. „So ähnlich wie bei vielen anderen Religionen und Philosophien, die sich mit mehr als nur der Gegenwart befassen. Erzähle weiter.“

Ozymandias nickte. Während er sprach, lief er unablässig im Zimmer auf und ab. „Beldamo ist der Überzeugung, die »Erste Zeit«, wie sie allgemein genannt wird, sei ein notwendiger Schritt im Evolutionsprozeß gewesen.



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